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- 4. Oktober 2021
Peer Recruiting
Teamverantwortete Mitarbeitergewinnung
Was bedeutet Peer Recruiting?
Peer Recruiting wird meist mit teamverantworteter Mitarbeitergewinnung übersetzt. Der englische Begriff „peer“ wird in Unternehmen als Person gleichen Ranges verstanden. Peer Recruiting beinhaltet also das Auswählen von Bewerbenden durch gleichgestellte Kolleg:innen – Mitarbeitende rekrutieren Mitarbeitende sozusagen. Dabei bringen sich viele Personen bei einem Bewerbungs- und Einstellungsprozess ein. Mitwirken können die Mitarbeitenden in unterschiedlichen Feldern: Sei es bei der Erstellung des Stellengesuchs, beim Bereitstellen von Testimonials, Gesprächen – oder beim Beantworten von Fragen im Rahmen eines Probetages. Die Aufgaben sind vielfältig. Diese Entwicklung gehört zu den innovativen Recruiting-Strategien, da Mitarbeitende bisher meist nicht an diesen Prozessen beteiligt waren.
Warum sollte man Peer Recruiting im Unternehmen einführen?
Der Fachkräftemangel macht es nicht gerade leichter, passende Mitarbeitende für das eigene Unternehmen zu finden. Wird das eigene Team miteingebunden, ist die Wahrscheinlichkeit höher, passende Kandidat:innen zu finden und langfristig zu binden. Besonders wertvoll ist es, wenn Mitarbeitende bereits vorgelagert in das Recruiting integriert werden – zum Beispiel mit Testimonials auf Karriereseiten, auf Inseraten und auf Social Media. Somit erhalten interessierte Personen direkt einen authentischen Einblick in das Unternehmen.
Für HR bedeutet diese neue Form des Recruiting aber auch: Empathie und Einfühlungsvermögen zeigen. Gerade jetzt ist die Personalabteilung besonders gefragt und sollte Mitarbeitenden auf den Zahn fühlen – und sie auf Recruiting-Themen vorbereiten und die Erwartungen klären. Wichtig: Es geht dabei nicht um eine Ablösung des HR-Teams im Recruiting-Bereich, sondern lediglich um eine sinnvolle und innovative Erweiterung der Mitarbeitendenaufgaben. HR ist dennoch für den formalen (organisatorischen und strategischen) Teil zuständig – wie beispielsweise Vorselektion, professionelle Rückmeldung an die Bewerbenden, Moderation und so weiter.
Die soziale Komponente liefern nach der Einstellung überwiegend die direkten Kolleg:innen. Daher scheint es ein logischer Schritt, Mitarbeitende schon vor dem Vertragsabschluss mit potenziellen neuen Teammitgliedern vertraut zu machen – und zu schauen, ob die Basis passt. Teammitglieder können demnach oft besser entscheiden über sozialen und kulturellen Fit.
Vor- und Nachteile des Peer Recruiting
Vorteile
- Mitarbeiternde wissen oft selbst am besten, wer gut ins eigene Team passen würde – sie haben also ein gewisses Gefühl für die Eigenschaften und Qualifikationen, welche die neue Person mitbringen sollte.
- Durch eingebundene Mitarbeitende wird der Bewerbungsprozess für die interessierten Personen authentischer: Sie bekommen einen umfassenden Einblick in die Teamkultur – unter anderem durch die Brille der jeweiligen Mitarbeitenden. Zudem können Mitarbeitende nahbarer wirken als eine HR-Abteilung.
- Teammitglieder können die Bewerbenden persönlich kennenlernen, sich zur Einstellung austauschen – und auch ein begründetes Veto einlegen. Das führt zu einem besseren cultural fit und mehr Motivation beim späteren Onboarding und der Einarbeitung der neuen Person. Zudem wird auch das Zusammenhaltsgefühl des Teams gestärkt.
- Positiv auf die Mitarbeitermotivation und das eigene Selbstvertrauen wirkt sich auch die Verantwortung aus, die Teams und ihre Mitglieder übernehmen.
- Unternehmen, die sich mit Peer Recruiting beschäftigen, werden unter anderem als fortschrittlicher und innovativer wahrgenommen.
Nachteile
- Interviews mit Bewerbenden sollen nicht in grosser Runde abgehalten werden – das wirkt schnell wie ein Verhör und gibt Bewerbenden nicht unbedingt ein gutes Gefühl. Für ein realistischeres Bild können Sie folgende Dinge tun: Bieten Sie 1:1 Interviews mit einzelnen Personen an oder unkomplizierte Unterhaltungen bei einem Kaffee mit den zukünftigen Teammitgliedern. Zusätzlich können Kandidat:innen Teammitglieder auch bei Tätigkeiten begleiten. Nach diesen Schritten werden alle Eindrücke zusammengetragen.
- Ebenfalls wichtig bei Gesprächen: Achten Sie auf ein dynamisches Gespräch und meiden Sie das Abarbeiten von Fragebögen oder Listen.
- Gleich und gleich gesellt sich gern: die Tatsache, dass sich ähnliche Personen grundsätzlich sympathischer sind, kann auch zu einem Bias führen. Die HR Abteilung ist sich dessen meist bewusst und sollte hier besonders auf die Chancengleichheit der Mitarbeitende achten
- Mitarbeitende müssen erst geschult werden. Die HR-Abteilung hat also durch Peer Recruiting nicht weniger zu tun. Sie coacht die Mitarbeitenden, die das Peer Recruiting ausführen wollen. Die Aufgaben verlagern sich also eher und HR kümmert sich weiterhin um organisatorische und strategische Aufgaben.
Fazit: Peer Recruiting wird die HR-Abteilung im Recruiting nicht ablösen. Dennoch bietet diese Methode innovative und zeitgemässe Möglichkeiten, passende Mitarbeitende in Ihre Teams zu holen. Für die zukünftigen wie die bestehenden Mitarbeitenden ergeben sich durch diesen Trend auch viele Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten. Die Personalabteilung wie auch die Chef-Etage müssen jedoch die Voraussetzungen schaffen. Peer Recruiting passt somit ins Zeitalter von agilen, innovativen Ideen: Es bietet einen guten Weg, fachlich und persönlich geeignete Personen zu finden.