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Topsharing in der Praxis

Interview mit Anna Hug, Mitinhaberin und Co-Geschäftsleiterin Märkte bei HUG AG

Frau Hug, seit wann arbeiten Sie in diesem Modell „Topsharing“?

Seit Januar 2020 arbeiten wir mit dem Modell des Topsharings, zusammen mit meinem Onkel Andreas. Er vertritt die 4. und ich die 5. Generation.

Was war der entscheidende Grund, weshalb Sie (und die Firma HUG) sich dafür entschieden haben?

Im Rahmen der Nachfolgeplanung kamen wir in einem längeren Prozess auf die Idee eines Co-Leitungsmodelles. Für mich bietet dieses Modell die Möglichkeit Teilzeit zu arbeiten und neben der Arbeit genügend Zeit für mein Familienleben zu haben. Für meinen Co-Leiter Andreas, der die Firma jahrelang als Geschäftsleiter führte, eröffnete sich eine Perspektive auf Teilzeitarbeit und ein sanftes Abgeben eines Verantwortungsbereiches.

Hatten Sie dabei Vorbilder?

Nein, das hatte ich nicht.

Wie sind Ihre Erfahrungen damit? Worin liegen die Vorteile?

Wir haben sehr gute Erfahrungen mit dem Co-Leitungsmodell gemacht. Der Vorteil für die Firma liegt darin, dass wir uns sehr gut ergänzen und zusammen eine breitere Sichtweise einbringen. Zudem können wir die Stellvertretung jederzeit sicherstellen - das hat sich gerade während der Pandemie als wertvoll erwiesen.

Mit welchen Herausforderungen mussten Sie umgehen? Gab es interne Widerstände?

Die Co-Leitung wurde intern sehr gut akzeptiert, auch dank eines tragenden GL-Teams, das sehr offen war gegenüber dieser Lösung. Die Herausforderung ist sicherlich, dass wir uns gut absprechen und gut koordinieren.

Welche Faktoren sind matchentscheidend, um Topsharing erfolgreich einzuführen?

Bezüglich Person braucht es Teamorientierung, Offenheit gegenüber andersartigen Lösungsansätzen und viel Vertrauen. Wenn jemand machtsensibel ist und sein eigenes Gärtchen mag, klappt es nicht. Daneben braucht es klare Verantwortlichkeiten. Dies haben wir vor dem Start geklärt: Ich führe den Bereich Märkte, mein Onkel den Teil Operations mit Produktion, Logistik, Personal u. a.

Muss sich zuerst das Verständnis von Leadership ändern, bevor Topsharing erfolgreich eingeführt werden kann?

Die HUG Familie pflegte schon vor Einführung des Co-Leitungsmodelles ein zeitgemässes Führungsverständnis. Wir nennen es „Sorry-Kultur“: Wir ermuntern unsere Mitarbeitende/n, möglichst eigenständig Entscheide zu fällen und eigenverantwortlich zu handeln. Wir als Co-Leitung entscheiden selbst relativ wenig.

Würden Sie anderen Unternehmen dazu raten, auch auf das Modell Topsharing zu setzen? Falls ja, weshalb?

Das Topsharing Modell per se bringt noch keinen Erfolg, denn es braucht die richtige Strategie und ein fähiges Team. Wir können das Co-Leitungsmodell jedenfalls empfehlen. Wir waren ausserdem überrascht über die positive Resonanz, die wir in unserem Umfeld aufgrund des Co-Leitungsmodells erfahren haben. Es hat unser Image als attraktiven Arbeitgeber positiv beeinflusst.

Welches Vorgehen würden Sie einem Unternehmen raten, das Interesse an diesem Modell hat?

Den Erfahrungsaustausch mit Personen suchen, die bereits ein Co-Leitungsmodell leben, z. B. auf Plattformen wie WeShare. Es muss gut überlegt sein, welche Regeln in der Co-Leitung gelten.

 

Kurze Vorstellung Anna Hug und Firma HUG 

Anna Hug führt die HUG AG als Co-Geschäftsleiterin zusammen mit ihrem Onkel Andreas Hug. Anna Hug vertritt dabei die fünfte Führungsgeneration, ist Mitinhaberin und seit über 10 Jahren im Betrieb tätig. Gemeinsam führt das Duo das Unternehmen nach drei Grundsätzen: herzlich, unternehmerisch und gewissenhaft – HUG eben. 

Die HUG AG mit den drei Marken HUG, Wernli und DAR-VIDA sowie einem hochwertigen Gastronomiesortiment  beschäftigt an den drei Standorten Malters, Willisau und Trimbach rund 380 Mitarbeitende. HUG wurde 1877 als Bäckerei in Luzern gegründet und ist noch heute in der fünften Generation im Familienbesitz.